Donnerstag, 17. Dezember 2015

Volkswagen oder Das fallende Messer

Dann will ich doch mal erzählen, was ich gleich am Anfang meiner neuen Börsenkarriere falsch gemacht habe, indem ich nämlich ins fallende Messer gegriffen habe in Form von Volkswagen-Aktien.

Die Geschichte mit den Abgaswerten war ganz frisch, ich habe es morgens schon in irgendwelchen Finanznachrichten gelesen aber nicht weiter beachtet. Erst als es dann sogar in den Nachrichten im Radio lief, habe ich mal näher nachgesehen und sehr gestaunt, als VW mit über 20% im Minus lag.

Mein erster Gedanke war, dass aufgrund dieser Meldung der Kurs zunächst etwas nachgelassen hat und dann einige Stop-Losses aktiviert wurden, wodurch der Kurs noch weiter fiel und noch weitere Stop-Losses gegriffen haben. In den nächsten Tagen würde die alle wieder einsteigen und den Preis wieder nach oben treiben.

Klarer Kaufkurs und so kaufte ich 15 VW Vorzugsaktien für je 132,23. "Schnäppchen", dachte ich noch und fühlte meine Überlegungen bestätigt, als der Kurs abends mit 133,60 Euro schloss.

Wir alle wissen, wie es weiterging: Am nächsten Tag schaute ich gegen Mittag mal rein und staunte nicht schlecht, als der Kurs in Richtung 100,- Euro ging. Oje. Als sich eine Konsolidierung bei etwa 105,- Euro abzeichnete, rang ich mich durch, weitere Aktien zu kaufen, diesmal 19 Stück zum Preis von je 105,62 Euro. Nun hatte ich schon fast 4000,- Euro versenkt. Gemittelter Einstandspreis der 34 Aktien war 117,36 Euro.

Nächster Tag: Unter 100, unter 95, ich glaube auch unter 85 Euro, ich habe mich schon nicht mehr getraut, nachzugucken, geschweige denn, noch mehr nachzukaufen. Lieber noch etwas abwarten und schauen, was da noch passiert. Ich habe dann auch später nicht mehr nachgekauft, zu heiß das alles, obwohl es im Nachhinein besser gewesen wäre. Nur weiss man das halt vorher nicht :-)

Das Schlimme ist: Eigentlich hielt ich beide Käufe für vernünftige Entscheidungen und nicht etwa für aus der Gier heraus getätigte. Und zwar aus folgenden Gründen:


  1. Ich hatte mich schon ein bis zwei Wochen vorher mit Automobilaktien beschäftigt und war der Meinung, dass ich welche in meinem Portfolio haben sollte. Alle schworen damals auf Daimler, es gab da auch einen ominösen chinesischen Investor (oder Partnerfirma, mit der man irgendwas entwickelte, ich weiss es nicht mehr) und wenn das alle so befeuern, macht mich das immer etwas vorsichtig. BMW hätte mir besser gefallen, Porsche habe ich noch geguckt, Audi stand damals bei 750,- Euro für eine(!) Aktie, VW bei 160 und das war mit irgendwie zu teuer. Eigentlich sollte das ja keine Rolle spielen, ich denke aber psychologisch fühlt sich das für mich so an, als ob eine teure Aktie tiefer fallen kann als eine billige (preislich gesehen). Tatsächlich können jedoch beide um 90% fallen - und danach gleich nochmal um 90%, in beiden Fällen ist das Geld in den Sand gesetzt.
    Jedenfalls erschien mir die VW-Aktien nach dem Sturz um fast 30 Euro super günstig und ich war mir sicher, dass sie bald wieder ihren alten Wert erreicht, zumal es auch Analystenmeinungen gab, die VW bei 200 Euro sahen.
  2. Der Grund für den Absturz: "getürkte Abgaswerte" erschien mir als zu schwach für einen solchen Skandal. Ich finde es auch heute noch überzogen, diese Aktie dafür so tief zu prügeln wie es getan wurde.
    Niemand regt sich darüber auf, dass Firmen Regenwälder abholzen, um ihre Gewinne zu maximieren, oder wenn Menschen weit weg unter fragwürdigsten Bedingungen Handies zusammenbauen oder Elektroschrott verbrennen, aber wenn ein Autohersteller mehr tut als die Reifen zu stark aufzupumpen um bessere Werte zu bekommen eine solche Welle machen? Nein, für mich hat das ein Geschmäckle. Vielleicht wird die Zeit hier noch etwas Aufklärung bringen.
    Ich möchte das jetzt allerdings auch nicht kleiner reden, als es ist: Betrug ist Betrug und gehört bestraft.
  3. Eine dritte Sache hatte ich noch, aber jetzt habe ich mich in Rage geschrieben und es vergessen. So kann es gehen. Wenn es mir wieder einfällt, trage ich es einfach nach... ;-)
Glücklicherweise hat sich die Sache mittlerweile wieder entspannt, der Kurs ging ja neulich erfreulicherweise wieder nach oben und ich konnte die ersten 15 Aktien tatsächlich wieder mit einem kleinen (sehr kleinen) Gewinn wieder verkaufen. 

Mir bleiben noch die 19 anderen Aktien für 105,62 Euro, mit denen ich noch nicht weiss, was ich tun soll. Eigentlich habe ich ja jetzt einen deutschen Autobauer zu einem tollen Einstandspreis, den ich hoffentlich nicht mehr unterboten bekomme, andererseits, weiss man noch nicht, was die Zukunft bringt und wie lange es dauert, bis alles wieder normal wird.

Fest steht, dass ich sie dieses Jahr noch halte, weil ich sonst die volle Steuer auf den Gewinn zahle, nächstes Jahr könnte ich wieder meinen Freibetrag ausnutzen. Bei 25 Euro Gewinn pro Aktie  entsprechen bestimmt 7-8 Jahren Dividenden, wahrscheinlich nehme ich das mit und lege das Geld lieber in einen ETF. Das ist weniger Aufregend.

Ach ja: Den imposanten Gewinn, den ich mit den ersten fünfzehn Aktien gemacht habe möchte ich euch nicht vorenthalten: Er lag bei *Trommelwirbel*: 5 Cent!

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